Arktis Gigantis

Prolog

Es war einmal ein kleiner, unscheinbarer Planet ohne große Bedeutung für die intergalaktische Wirtschaft, da war das Wetter äußerst ungastlich. Die wärmste Jahreszeit hatte an ihren wärmsten Tagen Temperaturen von unter -10C. Schneestürme fegten über die Planetenoberfläche, und selbst große Städte, die man vielleicht mit dem irdischen New York des Jahres 1988 vergleichen könnte, waren nicht selten wochenlang eingeschneit, bevor weitere Schneestürme den Schnee wieder von den Stadtgrenzen trieben. Die Wesen, die auf diesem Planeten lebten, hatten sich auf diese Temperatur eingestellt, aber das war nicht leicht gewesen. Denn auch auf jenem ungastlichen, kalten Planeten hatte es einst schönere Zeiten gegeben. Der Planet hatte damals so ähnlich ausgesehen, wie unsere schöne Erde heute aussieht. Doch dann hatte es eine Katastrophe gegeben. Der Planet wurde von einem Tag auf den anderen kalt. Alle Tiere starben, bis auf die Ratten, die in der warmen Kanalisation der Städte lebten, die Fliegen, die in den Wohnräumen der Stadtbewohner lebten und ... die Stadtbewohner selbst.

Kapitel eins - Flk hofft

Flk ging (bewegte sich) die Straße entlang. Er hielt vor einem Schaufenster an, in dem Kleidung ausgestellt war. Warme Winterkleidung. Flk hoffte, daß er solche Kleidung bald nicht mehr benötigen würde. Die Temperatur war von gestern -55C auf heute -51C gestiegen. Vor nur einer Woche waren es noch -64C gewesen. Die Temperatur stieg. Langsam aber stetig. Flk wußte, daß alle Droden das gleiche hofften wie er, nämlich daß die Temperatur bald - vielleicht in drei Monaten - über 0 sein würde. Dann könnten die Droden endlich wieder so leben, wie sie es noch vor 120 Jahren getan hatten: mit wenigen Kraftwerken, in luftigen Hütten, ohne maschinell komprimierte Luft (Man konnte natürlich die Innenräume der Wohnungen nur sehr selten lüften). Er rückte sich seinen Armwärmer zurecht und ging (bewegte sich) weiter.

Kapitel zwei - Es wird wärmer

Flk lachte aus vollem Atemlappen. Aus seinem empfindlichen Auge rannen Tränen des Glücks. Die Temperaturgrenze von -10C war überschritten. Das war das schönste Geschenk, das Flk sich zu seinem 30. Geburtstag wünschen konnte. Er konnte nun bereits seit zwei Wochen ohne Atemschutz laufen, und seit drei Wochen durfte man wieder die Fenster öffnen. Die komprimierte Luft war erheblich billiger geworden, denn die Hersteller fürchteten, daß sie nicht mehr ihre gesamten Vorräte an Luft verkaufen konnten. Flk warf die Geburtstagsschachtel gegen die Wand. Die Verwandten klatschten Beifall.

Kapitel drei - Es ist endgültig

Alle Nachrichtensender brachten nun Sendungen darüber, wie warm es bald werden würde. Man hatte endlich Meldung erhalten, daß sich in den Nachbarabschnitten dasselbe tat. Alle freuten sich. Obwohl keiner der jetzt Lebenden schon zu der warmen Zeit gelebt hatte, waren sich doch alle darüber einig, daß sich die Lebensverhältnisse zum positiven ändern würden.

Kapitel vier - Das Freudenfeuer

Man entzündete, sobald die 10C-Grenze überschritten war, ein Freudenfeuer, um das alle tanzten. Das Klima hatte sich geändert und alles war gut geworden, auch wenn einige Propheten das Gegenteil behauptet hatten. Der ganze Planet, alle Droden, freuten sich jetzt noch mehr, eine riesige Freudenwelle war ausgebrochen, und ein paar ältere Menschen waren gar an dem freudigen Schock gestorben.

Epilog

Man hätte das Blut der Toten untersuchen müssen, dann hätte man ein paar Bakterien gefunden, die den Tod verursacht hatten. Diese Bakterienkultur hatte es schon immer gegeben, aber im Eis konnten sie sich nicht vermehren. Die Droden, die Bewohner des Planeten, hatten nach 120jähriger Eiszeit ihre Immunität gegen diese Bakterien verloren, und so starben sie alle an einer nur acht Wochen andauernden Seuche. Wer weiterlebte, waren die Ratten und die Fliegen...


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Erste Veröffentlichung: 26.7.1990 von Dimento
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