Die Grundausbildung der Bundeswehr,
er- und überlebt durch Kronn

Der Kronn, ein ChatNoir-User, hat das Wagnis auf sich genommen. Als die Bundeswehr rief, widersprach er nicht, sondern erwartete sein Schicksal aufopferungsvoll. Nun ist er für eine kurze Zeit aus dieser anderen Welt geflohen, um den wartenden Usern der ChatNoir von seinen unglaublichen Erlebnissen zu berichten. Also, setzt euch alle in einen Kreis, holt euch Kekse und 'was zu trinken und hört seine Geschichte.


1. Woche

Es begann alles an einem düsteren Novembermorgen. Und in meinem Fall war das nicht mal ein Klischee. Ich fuhr am 2. November 1998 von Berlin-Wansee mit dem InterRegio in Richtung Abgrund der Welt. Nichts würde das jetzt noch ändern können. Kurz bevor die Scheibe, die wir Erde nennen, ein Ende nimmt, liegt ein kleines Städtchen, das sich Bückeburg nennt. Inmitten dieser Idylle liegt unscheinbar eine Kaserne. Von der Bundeswehr wird sie als Heeresfliegerwaffenschule bezeichnet. Dort führte mich mein Weg also hin. Mit gemischten Gefühlen steige ich aus dem Bus, der mich und einige andere Wagemutige von Bahnhof hierher gebracht hat. Aussteigen, und folgen ist angesagt. Rein ins Gebäude, ab in den ersten Stock, anmelden. So, wenn ich nicht völlig falsch liege, kommen jetzt noch ein paar Formalien, danach werden uns die Zimmer gezeigt. Richtig geraten, ich kenne doch solche Aufnahmeverfahren schon ein bißchen :-) Allerdings: Das sind keine Zimmer, sondern Stuben, Zimmer gibts nur im Hotel.

Nachdem uns eine kleine Pause gegönnt wurde, wurden wir zur Einkleidung geschickt. Mittlerweile ist es 18.30 Uhr und es wird schon dunkel. Also rüber zu einem anderen Gebäude. Allerdings in Formation: drei Mann hintereinander, viele, viele nebeneinander; rechts um; ohne Tritt, zweimal linksschwenk, marsch. Hat aber geklappt. Obwohl wir nicht so richtig wußten, was nun genau 'ohne Tritt' heißt. War ja auch egal, solange er nicht 'mit Tritt' sagt. In der Einkleidekammer wurde ich zuerst vermessen, danach durfte ich von Station zu Station einen Riesen-Seesack füllen. Außerdem natürlich noch zwei Rucksäcke. Ich weiß gar nicht, wie ich den ganzen Scheiß in meinen Spind quetschen soll. Nach dem Erhalt der Sachen, kam ein sogenannter Vollzähligkeitsapell. Alle Sachen auspacken und auf Vollständigkeit prüfen. Danach war noch eine kleine Mahlzeit dran und danach ins Bett. Jetzt ist es 23.00 Uhr und wir haben uns sagen lassen, es sei Zapfenstreich. Was das genau ist, weiß ich nicht. Werde ich aber noch herausfinden, versprochen. In der Nacht habe ich dann auch ganze 2 bis 3 Stunden geschlafen. Trotzdem schaffte ich es ohne Probleme, am nächsten Morgen um 5.45 Uhr aufstehen.

Zweiter Tag, Dienstag, 3. November 1998:
Wie gesagt, Wecken um 5.45 Uhr. Danach Bett ordnen. Dabei wird das Kissen in die Decke eingerollt und oben drauf kommt noch eine Überdecke. Nach dem Frühstück um 6.15 Uhr wurde die Einkleidung vom Vortag fortgesetzt. Richtig gelesen, ich war danach in der Position, noch mehr Kleidung in diesen Spind zu packen. Da muß es doch eine Ordnung geben... (Ich werde diesen Gedanken noch bereuen, versprochen.) Danach begann die eigentliche Grundausbildung. Die Inhalte waren erstmal vollkommen theoretisch abgefasst. Toll, und Kronn hat kein einziges Blatt dabei. Naja, zum Fragen stellen reicht es. Aber auch hier kommt es auf das wie an. Nicht einfach melden und loslabern, nein, erst melden, dann aufstehen, Dienstgrad und Namen sagen und dann erst seine Frage stellen oder seinen Beitrag in den Raum schmeißen. Mein Dienstgrad lautet übrigens 'Flieger'. Das hat nichts mit Flugzeugen zu tun, einfach nur eine andere Bezeichnung für Rekrut. Also, Flieger Kronn, toll. Die Dienstgrade müssen bei jeder Gelegenheit angewendet werden. Wir sprechen die Ausbilder als immer mit Ihrem Dienstgrad an (Herr Feldwebel, Unteroffizier, Stabssunteroffizier, usw.), uns wurde gesagt, wir dürfen alle mit Vornamen ansprechen. Mein Vorname ist jetzt also Flieger und der Typ da vorne heißt mit Vornamen Oberfeldwebel. Aha! Ganz einfach. Und die beigebrachten Sachen aus dem Unterricht muß man dann auch noch gleich können. Z.B. wurde uns erklärt, wer Befehle geben darf, darüber gibt es nämlich eine Vorschrift... So, langsam wird es kompliziert. Endlich 11.10 Uhr: Mittagessen ist angesagt. Also wieder in Formation vom Hörsaal zur Kantine. Puh, ohne Tritt, was immer das heißt. Jedenfalls laufe ich ganz normal. Danach weitere Theorie im Hörsaal (Pflichten, Alarmposten...), 16.20 Uhr Abendessen. Dienstschluß und Zapfenstreich ist um 23.00 Uhr, und ich falle gleich ins Bett. Dieser Tag kam mir vor wie drei Tage arbeiten. Ach, ja: Zapfenstreich heißt, jetzt müssen alle im Bett sein. Schlafen muß man nicht, tue ich aus Gewohnheit aber trotzdem... Gute Nacht, Kameraden!

Mittwoch, 4. November 1998:
Aufstehen 5:15 Uhr, schließlich will man morgens duschen usw. und bei fünf Duschen für 37 Mann ist eine halbe Stunde knapp bemessen. Außerdem müssen ja auch noch so simple Dinge, wie Zähneputzen, Rasieren, Bett machen und Anziehen bis 6.15 erledigt werden. Um 5.45 Uhr schaute kurz ein Unteroffizier durch einen Türspalt, sagte, "Gut, alle wach" und ging wieder. Der restliche Tag bestand wieder aus dem üblichen theoretischen Unterricht, Essen und Antreten ("Los, Männer, drei Männer hintereinander, viele, viele nebeneinander und wenn das nicht klappt, dann platzt der Mond!") Überhaupt gewöhne ich mich allmählich daran, andauernd angeschrien zu werden. Deswegen hat der Mensch zwei Ohren und nur ein Gehirn: Ein Ausgang, ein Eingang, eine Stelle, um sich die wichtigsten Dinge zu merken. Tip: einfach durchrauschen lassen und bloß nicht persönlich nehmen. Nach der ganzen Theorie war dann auch gleich Dienstschluss. Recht früh, diesmal nämlich schon um 22.45 Uhr (Ihr merkt es schon, die Ironie regiert).

Donnerstag, 5. November 1998:
Heute haben wir weitere Ausrüstung bekommen, zwischen Theorie, Antreten und Essen. Es handelt sich dabei um einen Nässeschutz, einen Kälteschutz und eine ABC-Schutztasche. Inhalt ist ein Poncho, eine Gasmaske, Handschuhe und ein Set von Autoinjektoren, die man sich bei Bedarf in eine Vene rammen soll. Die Ausrüstung schützt so richtig gut gegen z.B. atomare Angriffe. Man stelle sich das vor: eine Atombombe fällt und ca. 200 Mann kramen ihren Poncho, Handschuhe und Gasmaske raus. Bumm, trotzdem alle tot. Wirksam sind die Sachen höchsten gegen Gase oder ähnliche Nettigkeiten. Außerdem wurden heute auch noch die Reinigungsreviere unter den Stuben aufgeteilt. Die Stube, die ich bewohne, muß jetzt die Waschräume reinigen. Andere Reviere sind z.B. die Duschen, der Flur und die Treppenhäuser. Und da Winter ist bzw. bald ist, werden die Tage immer kürzer: 5.30 Uhr bis 22.30 Uhr

Freitag, 6. November 1998:
Am Freitag haben wir endlich unsere Waffe bekommen, das neue Gewehr der Bundeswehr, das G36 von Heckler&Koch. Kurz darauf haben wir gelernt, im Liegen und im Regen, das G36 in Einzelteile (Baugruppen) zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen. Natürlich kommt vorher eine Sicherheitsüberprüfung ("Waffe entladen, Patronenlager frei, Waffe entspannt und gesichert" lautet die anschließende Meldung), nach dem Zusammenbauen erfolgt noch ein kurze Funktionsüberprüfung, bei der u.a. die Feuermodi geprüft werden. Natürlich ohne Munition... Beim anschließenden Reinigen der Waffe habe ich es dann auch gleich kaputtgemacht. Jedenfalls so gut wie. Ich habe die Reinigungskette im Rohr bzw. kurz davor verkantet. Beim Abgeben der Waffe war der Ausbilder sehr erfreut, die Waffe mit der verkanteten Kette sowie einige Einzelteile zu bekommen ("Kommen sie mir bloß nicht mehr unter die Augen!") Ansonsten bot der Tag wieder die übliche Kombination Theorie, Antreten und Essen. Gelernt haben wir u.a. wie Meldungen zu machen sind. Alle Meldungen folgen einem einfachen Muster: Zuerstmal wird immer der ranghöchste im Raum angesprochen, natürlich mit Vornamen. Danach sage ich meinen Vornamen (=Dienstgrad) und meinen Namen. Nun kommt "Ich melde..." und erst dann kommt die eigentliche Meldung. In der Praxis geht das dann so:

Herr Stabsunteroffizier, Flieger Kronn, ich melde, es regnet.

Vor der Meldung kommt noch ein kurzer, aber höflicher militärischer Gruß. Übrigens, die Meldung sollten wir wirklich als Übung machen. Darauf bekamen wir dem Befehl, jemand anders die Meldung zu machen, daß es irgendwann nicht mehr regnet. Einen Kommentar verkneife ich mir mal an dieser Stelle...

Samstag, 7. November 1998:
Am letzten Tag der Woche stand ein Eingewöhungsmarsch über 6 km auf dem Dienstplan. Natürlich nicht ohne Gepäck. Es mußte u.a. ein Klappspaten und die ABC-Schutztasche mit. Nicht zu vergessen der Gefechtshelm auf dem Kopf. Danach wurde nur noch die Reinigung der Reviere und der Stuben geprüft.

2. Woche

Die zweite Woche begann ähnlich stressig wie die erste. Einzig unterschiedlich war die Reihenfolge der einzelnen Abschnitte. Was jedoch gleich blieb waren das Antreten (Los, Männer: Unten vor dem Block in Reihe antreten. Das heißt drei Männer hintereinander und viele, viele nebeneinander. Marsch, Marsch. Wo kein Schnee liegt, darf im Laufschritt gegangen werden!) und das Marschieren (ohne Tritt, zwomal linksschwenk, Marsch!). Dazugekommen ist die Pflicht, regelmäßig auf den Dienstplan zu schauen und sich die Sachen zu merken. Mal sehen: Formaldienst, Theorie, blabla. Formaldienst? Ja, da erfahre ich endlich was es mit der "ohne Tritt"-Geschichte auf sich hat. Also: ohne Tritt heißt normal laufen, der Gleichschritt ist jedoch anzustreben (, Männer). Mit Tritt oder im Gleichschritt heißt eben das genau das: Im Gleichschritt. Das hörte sich am Anfang dann so an: Im Gleichschritt - Marsch. Links, zwo, drei, vier. Schulz, Gleichschritt aufnehmen. Links, zwo, drei, vier. Schulz, wo ist bei Ihnen links? usw.

So, was ist sonst noch so in der Woche los? Ah, Geländetag. Das heißt also Rucksack packen. Mit Ersatzkleidung, Zeltbahn, Iso-Matte, Schuhputzzeug, Nässeschutz, Nähzeug, etc. Zusammen wiegt das dann ungefähr 2 hoch 25 Kilo. Genau weiß ich es nicht, kam noch nicht zum wiegen. Im Gelände dann (Hinweg 4 km, zu Fuß natürlich...) wurden verschiedene Anschlagsarten geübt. So in der Richtung liegend, freihändig usw. Endlich zurück, Vorfreude auf den Dienstschluß. Aber vor den Dienstschluß haben die Herren Ausbilder leider einen Rückmarsch von 4 km gesetzt. Oder dachte etwa jemand wirklich, wir werden gefahren? Am nächsten Tag dann auf die Schießbahn und Schießen (klar, was sonst?). Wir wurden übrigens gefahren. Fand ich auch gut so, immerhin ist die Schießbahn über 9 km von der Kaserne entfernt. Und dann hat der Kronn auch noch getroffen (10 Schuß, sitzend - aufliegend, 100 m, je 4 von 5 Schuß müssen treffen). Und zwar ging das so: erst 5 Schuß mit dem Zielfernrohr (4 Treffer in 10cm-Kreis), danach 5 Schuß mit dem Reflexvisier, so 'ner Art Lasermarkierer (auch 4 Treffer in einen 15cm-Kreis). Da hat der Kronn also satte 80% Trefferquote. :)

Der Rest der Woche war wieder rein theoretisch, also Unterricht wie schon am Anfang meiner Bund-Zeit... Die Woche endete dann auch schon am Freitag, wie immer in Zukunft. Um welche Uhrzeit wir jedoch ins Wochenende entlassen werden steht in den Sternen. Vor dem Wochen-End-Antreten oder Inspektionsantreten, wie es offiziell heißt, werden die Stuben, Reviere und die Spinde auf Sauberkeit geprüft. Und wie das am Anfang so ist, es ist überhaupt nicht berauschend. Nachdem die Ausbilder uns gezeigt hatten, daß wir in puncto Sauberkeit noch einiges zu lernen hätte, mußten wir alle Mängel beheben. Erst danach durften wir mit einem lauten "Hurra!" das Wochenende begrüßen. Beim Inspektionsantreten zum Wochenende durfte jeder Zug, in die sich die Inspektion unterteilt sein Zuglied zum besten geben. Und dabei handelt sich um richtig altdeutsche Marschlieder mit militärischem Bezug. Um 14:00 Uhr hatten wir die ganze Prozedur dann auch schon durchgeführt. In die Stube, in Zivil umziehen, alte Wäsche in den Seesack und ab zum Bahnhof, nach Hause.

3. Woche

Die dritte Woche verlief eigentlich ohne etwas Besonderes. Genaugenommen erzähle ich hier nur wenig aus der dritten Woche, weil ich es versäumt habe, die dritte Woche genau zu dokumentieren. Trotzdem sollt Ihr erfahren, was hier so vor sich geht, deswegen hat mir ein Kamerad einen kleinen Beitrag getippt, den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Hallo alle da draußen in der zivilisierten und normalen Welt!

Hier kommt ein kleiner Beitrag von einem, nach Bundeswehr berechnetem Maßstab doch recht minderwertig eingestuften Mitmenschen, der euch auch einen kleinen Beitrag zur Sache geben möchte. OK:

Nun, der Verein in den ich hier geraten bin, ist einfach nur mit zwei Worten zu beschreiben ...hirnverbrannt und verrückt ... und die denken dabei noch, das sie normal sind... Was das auch sein mag, normal ... Eine kleine Geschichte dazu, um verständlich zu machen, was ich meine -Zeitsprung- "Achtung in Stellung ... Gleiten!" Und es sind ja nur noch 250m vor uns. Dann sieht man 12 Mann durch den Acker robben, mit dem G3 in der Hand, aufrecht haltend, und die achten darauf das kein Schnee oder Dreck in den Lauf kommt. Und nun, angekommen auf der Waldlichtung, ertönt schon wieder "In Stellung ... Gleiten!" ...und man denkt sich so: Nein, nicht noch mal das Ganze und man vermisst das Gefühl seiner Arme, denn die merkt man mittlerweile nicht mehr vor Schmerz ...die Beine wie Blei und man schwitzt, und wie.

Das G3 ist eine Bleispritze, die 8kg wiegt und wenn man sie nicht richtig in die Schulter presst, einem glatt das Schulterbein brechen kann. Und auf 250 - 400m trifft man vielleicht noch einen 150kg Menschen, der einem seine Körpersilhouette regelrecht entgegen schmeißt, aber keinen Soldaten der in einer Stellung liegt und vollgetarnt ist. Die Zielpeilung hätte aus dem 18 Jh. sein können, aber dafür hat das Scheißding fast 8mm und eine Treibladung die bis China reicht... Das ist die Deutsche Armee ...ohohoh...

Für alle die sich wundern: Der Verfasser ist in einem anderen Zug und wird daher nicht auf dem G36 ausgebildet, sondern auf dem ca. 40 Jahre alten Vorgänger, dem G3. Aber die Sache mit dem Gleiten gilt für mich genauso. Übrigens, glaubt nicht, das wir die 'lächerlichen' 4 km bis zum Truppenübungsplatz gefahren wurden. Nein, wir durften sogar unser Gepäck selber tragen. Welche Ehre. (Achtung: Ironischer Anfall vor dem PC!)

4. Woche

In der vierten Woche bekamen wir dann einen weiteren Marsch aufgedrückt. Und dabei begann alles ganz langsam, mit der üblichen Theorie. Doch dann, am Dienstag ging zur Sache. Wieder fing alles ganz harmlos an: Geländetag. Diesmal war Schießen an der Reihe und der Kronn wurde zum Aufbaukommando eingeteilt d.h. während sich alle anderen ausruhen können, wurde das Aufbaukommando schon zum Schießplatz gefahren. Dort angekommen hieß es erstmal Schießscheiben schleppen usw. Danach wurden einige zum Ausrüstung tragen eingeteilt, ich jedoch zum Bewachen der Waffen. Das ist echt eine tolle Aufgabe: man darf mehrere Stunden in der Kälte stehen und muß in dieser gottverlassenen Gegend auf ca. 20 Waffen aufpassen. Echt super! Und bevor der Zug zum Schießen kam, waren erstmal die hohen Herrschaften an der Reihe. Davor natürlich Kurzeinweisung, denn die haben natürlich noch nie ein G36 in der Hand gehabt. Den ranghöchsten mußte ich natürlich grüßen und weil es sich um einen General handelte, war auch ein vollständige Meldung an der Reihe. Bei der Bundeswehr wird nämlich jedem General eine Meldung über die momentane Tätigkeit gemacht. Lief auch ganz gut. Nach zwei bis drei Stunden stehen kamen auch die frisch ausgeruhten Kameraden. Das Schießen selbst lief eigentlich ganz gut, bis auf eine Störung (Patrone verklemmt).

Danach war dann auch schon soweit: der Nacht-Orientierungsmarsch ging los. Und ich ging mit, mitsamt meinem Rucksack, Klappspaten und ABC-Schutzausrüstung (zusammen ca. 20 kg, habe ich mir sagen lassen). Außerdem natürlich mein G36. So bepackt zog ich der ca. 12 km entfernten Kaserne entgegen. Die ersten Kilometer waren noch recht leicht, doch dann bemerkte ich die 20 kg Ausrüstung, die ich durch die Gegend schleppte. Allmählich schmerzten mir die Füße und die Knochen machten sich bemerkbar. Was heißt allmählich? Ich bemerkte die Schmerzen plötzlich, weiß nicht woher die kamen. Wie weit ist es denn noch? "Ach, nicht mehr weit, die Hälfte haben wir fast geschafft." Toll! Nach vier Stunden hatten wir die Strecke bzw. die Strecke uns geschafft. Super, wir fühlten uns wie Helden. Wenigstens bis wir erfuhren, das die anderen die Strecke in 3 Stunden gelaufen sind. In einem anderen Zug wurde die Strecke sogar in sagenhaften 2 Stunden und 35 Minuten gelaufen bzw. gerannt.

Das hatte natürlich seine Folgen, und die konnte man am nächsten Morgen beim Antreten bemerken: Ca. die Hälfte der Rekruten fiel wegen Fuß-, Bein- oder Rückenbeschwerden aus. Der Sanitätsbereich oder kurz San-Bereich war bis oben hin mit jungen Soldaten gefüllt. Ich war dabei. Ich bekam einen Termin um 10.50 Uhr. So, ich also um 10.45 wieder zum San- Bereich gehumpelt und schnell einen der letzten Sitzplätze ergattern. Ich kam dann auch gleich dran, so gegen 14.00 Uhr. Ich sage nur "Ärzte". Und der, der für mich zuständig ist, ist sogar noch ein Wehrdienstleistender im Anfangsstadium. Die restliche Woche sollten wir uns schonen, denn nächste Woche steht eine Geländeübung auf dem Dienstplan: Biwak. Das ist so eine Art Camping auf Bundeswehrart. Also mit Alarmposten, Wache, Streife und Feinden. Ich bin ja gespannt, was da genau auf mich zukommt. Jedenfalls ist irre wichtig, denn, ohne Teilnahme am Biwak, kann man die Grundausbildung getrost in die Tonne treten und sich noch mal durch den Scheiß quälen.

Und wer jetzt denkt, ich erzähle euch zum x-ten Mal, daß ich nach dem Inspektionsantreten schnell in die Stube, schnell in Zivil und dann schnell zum Bahnhof bin, der wird echt enttäuscht, ja sogar richtiggehend verarscht. Genau wie ich. Ich habe nämlich gerade Dienst und hole die Beiträge der letzten Wochen nach. Das nennt sich offiziell 'Gefreiter vom Dienst' (GvD) und heißt für mich, daß ich 21 Stunden wach bleiben darf. 3 Stunden darf ich 'ruhen'. Ich persönlich bevorzuge schlafen. Und weil ich für einen Samstag eingeteilt bin (irgendeiner muß es ja machen) langweile ich mich hier mit einem weiteren Kameraden zusammen so durch den Tag. Er ist übrigens der Verfasser des Textes für die dritte Woche. Normalerweise ist dieses GvD wirklich ein Dienst. Den ganzen Tag Schlüssel ausgeben und einsammeln, Reinigung der Stuben und Revieren zeitlich festhalten (das muß beim GvD angemeldet werden), kontrollieren der Dienstzimmer und der Waffenkammer auf Verschluß usw. Nur am Samstag sind halt eben bis auf die Wachen, den Unteroffizier vom Dienst (UvD), den GvD's und einigen wenigen Soldaten keine Menschen da, die einen auf Trab halten. Und dann macht so ein Dienst natürlich gleich doppelt müde. So jetzt bin ich dran mit Schlafen, es ist kurz vor 2 Uhr.

5. Woche

Die fünfte von siebeneinhalb Wochen Grundausbildung beinhaltete den wichtigsten Teil: die Geländeübung. Drei Tage und zwei Nächte draußen, in der klirrenden Kälte, nur du, deine Waffe, dein 25 kg-Scheißdreck und deine Kameraden mit der gleichen Ausrüstung. Und das beste an der Sache: Diesmal hast du deine Ausrüstung nicht umsonst mitgenommen bzw. mußtest teuer dafür bezahlen. Nein, ich werde mich freuen, einen zweiten Feldanzug zu haben, zum Wechseln, ob ich mich freue, danach einen getragenen mit mir 'rumschleppen zu müssen weiß ich noch nicht. Soweit die Einleitung zur fünften Woche, die ich bereits im voraus geschrieben habe. Nun der erwartete Rückblick... Biwak oder Geländeübung, wie es offiziell heißt, ist echter Streß, vor allem bei der Witterung. Aber ich fange am besten am Anfang an, oder?

Montag morgen, 8:30 Uhr, Jägerkaserne Bückeburg:
Der Hauptmann teilt uns mit, daß Deutschland angegriffen wurde und zwar von Grünland. Der Feind ist von Westen her eingerückt und wurde bereits in Düsseldorf gesichtet. Für die Rekruten heißt das, daß die Heeresfliegerwaffenschule einen Teil, nämlich die VI. Inspektion an eine andere Stelle verlagert. Wir sollten natürlich die ganze Sache sichern. Im gleichen Atemzug wurde uns befohlen, erstmal auf die Stuben zu gehen und abzuwarten, bis ein Bus für uns bereitsteht. (Kurzform: "Männer, es ist Krieg. Auf die Stuben weggetreten!")

Montag, 9.30 Uhr, Jägerkaserne Bückeburg:
Die 30 km bis nach Loccum, wo die ganze Aktion ablaufen sollte, sind wir zum Glück mit dem Bus gefahren.

Montag, 10.30 Uhr, Übungsgelände Loccum:
Dort angekommen war die erste Aufgabe, uns einen 'Platz der Gruppe' auszusuchen. Den haben wir dann auch gefunden. Und dann gingen die Vorbereitungen so richtig los. Grube ausheben, damit das Feuer wenigstens ein bißchen getarnt ist; Stellungen ausheben, damit wir wenigstens ein bißchen vor dem Feind getarnt sind; Alarmposten errichten und tarnen, damit wir wenigstens ein bißchen früher wissen, wann der Feind von wo kommt. Leider war das nicht nur ein bißchen Arbeit, also hatten wir gut 4 Stunden zu tun.

Montag, 14.30 Uhr, Übungsgelände Loccum:
Verpflegung und anschließend Einteilung der Feuerwache (nicht Feuerwehr!) und der Alarmposten.

Montag, 15.00 Uhr, Übungsgelände Loccum Ausführung!
Am Montag lief eigentlich alles ganz gut, ich hatte nur insgesamt 6 Stunden Alarmposten bis 10:00 Uhr, Dienstag früh, und kein einziges Mal Feuerwache. Ein paarmal war Alarm, und dann sind wir ruck-zuck in unsere Stellungen gerannt und haben auf den gegenüberliegenden Waldrand gezielt. Ich hatte ein der schlechtesten Stellungen (von der Lage) und habe in den ganzen 3 Tagen nur 5 Schuß abgegeben. Höchstens. Dafür war die Stellung schön kalt. Gefroren hat man aber erst nach ca. 10 Minuten. Immerhin durften wir meistens ungefähr ein halbe Stunde in den Stellungen liegen, Gewehr natürlich im Anschlag. Trotzdem hatten wir auch ein bißchen Glück. Es hat die ganzen drei Tage nicht geregnet oder geschneit. Nein, auch kein Hagel. Richtig scheiße waren eigentlich nur folgende Dinge:

  1. zu kalt:

    An sich war man ja gut eingepackt, aber 7 Stunden auf dem kalten Boden liegen ist nicht gerade berauschend...

  2. unregelmäßige Mahlzeiten:

    Auch nicht so wild, aber 7 Stunden in der Kälte liegen, ohne was zu essen ist nicht so toll, wie es sich anhört.

  3. zu wenig Schlaf:

    Sicher damit kann man ein Weile ganz gut klar kommen, aber 7 Stunden in der Kälte, ohne was zu essen mit nur einer Stunde Schlaf in der Nacht davor kann einem den Rest geben. Als kleinen Ausgleich habe ich in der Nacht danach ca. 4 Stunden geschlafen.

  4. Feuerwache halten:

    Auch nicht weiter schlimm, eigentlich sogar recht angenehm: Man kann sitzen, essen, trinken, rauchen (wenn einem danach ist, kann man nämlich in der Stellung und im Alarmposten nicht), und sich am Feuer wärmen. Nur schlafen sollte man nicht, sonst kann man sich nämlich von den Kameraden anhören, wie blöde man doch sei usw.

    Leider ist mir genau das passiert... Zum Glück haben meine Kameraden das Feuer wieder auf die Beine gebracht bzw. zum Brennen überreden können.

Positiv an dieser Geländeübung fand ich, daß mir jetzt Kälte so gut wie nichts mehr ausmacht und ich am Schluß mein gesamtes restliches Magazin entleeren durfte, sogar sollte. Amen, ich sage euch, es geht nichts über einen 2,5 Sekunden-Feuerstoß mit dem G36. Da merkt man erst, wie schnell das Ding nachlädt und wie gut der Rückstoß aufgefangen wird. Der Rückstoß wird nämlich dadurch verringert, daß das automatische Nachladen über den Gasdruck im Rohr erledigt wird. Auch toll war es, zwischen 7.00 Uhr und 8.00 Uhr im Alarmposten zu liegen und langsam der Umgebung beim Hellerwerden zuzusehen. Vor allem haben da schlagartig die schweren Halluzinationen, die man nachts nach ungefähr 30 Minuten angestrengtem Beobachten bekommt, aufgehört. Am angenehmsten war es aber, die Rückfahrt antreten, endlich wieder sitzen. endlich kein Wind mehr, endlich warm: schön.

Der Rest der Woche war eigentlich recht unspektakulär: Formaldienst (Wie marschiere ich nach Anweisung?), ABC-Ausbildung (wie lege ich in 7 Sekunden meine Gasmaske an ohne den Helm auf dem Kopf und die Waffe auf dem Rücken zu lassen?) und Schwimmen (wie schwimme ich 200 m in unter 6 Minuten?)

Das Ende?

Erst mal ein kleiner Nachtrag zur dritten Woche:

Jaja, ich weiß, hätte ich auch gleich 'reinschreiben können, fiel mir aber zu spät ein. Ich war auf der sog. 'Sturmbahn', einer Hindernisbahn nach BW-Art: Zuerst ein kleiner Hügel, danach ein paar Sachen zum drüberklettern, einmal balancieren, einmal gleiten, zwei befestigte Stellungen zu 'reinklettern (und natürlich wieder 'rausklettern) und danach wieder im Laufschritt an der Seite zurück. Hört sich nicht anstrengend an? Ist es eigentlich auch nicht. Blöd fand ich nur die 2-Meter-Wand zum drüberklettern. War nämlich glatt oben drauf, d.h. man rutscht leicht wieder runter. Alles in allem war die Sache aber zu schaffen, das schwerste war es, im Laufschritt zurückzulaufen.

So, nun aber zurück (bzw. vor) zur

6. Woche

Am Montag war ein Geländetag, d.h. wir mußten wieder zum Standortübungsplatz nach Röcke. Zum Glück sind die paar Kilometer kein Problem mehr. Dort angekommen wurden uns solche Sachen wie ABC-Alarm (7 Sekunden für die Gasmaske, ca. 7 Minuten für den Rest), Umgang mit Karte und Kompaß (Ausrichten der Karte nach Norden mit Hilfe des Kompaß, Feststellen der Marschrichtung anhand einer Kompaßzahl, usw.) und Verhalten im Alarmfall (wie begebe ich mich in meine Stellung, wie funktionieren Feuerkommandos, wie hole ich einen verwundeten Kameraden raus und wie komme ich aus der Stellung wieder raus ohne mich unnötig in die Schußlinie zu begeben?). Verpflegung natürlich im Feld, d.h. am Abend war Reinigen der Ausrüstung angesagt. Das Beste am ganzen Tag war die Tatsache, daß wir den Rückmarsch der 6km-Strecke (ich weiß, ich habe 'mal 4 gesagt, es sind aber 6 km) in nur 50 Minuten geschafft haben. So eine Strecke haben wir nämlich auch als Prüfung vor uns. Zeitlimit ist dabei ca. 60 - 65 Minuten.

Am Dienstag stand 'Bestätigungsschießen' auf dem Dienstplan, für uns bedeutete das: Schießbahn. Glücklicherweise wurden wir hin und zurück gefahren. Bestätigungsschießen heißt, erst stehend, Waffe aufliegend, 5 Schuß Einzelfeuer auf ca. 150 m entfernte "Pappkameraden" abzugeben, danach 50 m im Laufschritt nach vorne zu laufen und liegend, Waffe auf einem Sandsack aufliegend, 5 Schuß Einzelfeuer auf die jetzt noch 100 m entfernten Pappaufsteller zu rotzen, aufstehen, 30 m nach vorne rennen und die letzten 5 Schuß aus dem Stand den Zielen in 70 m Entfernung zwischen die Augen zu setzen. Lief ganz gut. Am Ende hatte ich eine Trefferquote von 3/3/5. Bei diesem Test war das ausreichend, der Kronn hatte also alle Schießübungen absolviert und geschafft. Toll gemacht, Herr Flieger.

Mittwoch und Donnerstag war nur üben angesagt. Wofür? Na für die Vereidigung bzw. das feierliche Gelöbnis. Das war nämlich am Freitag. Und damit sich die Rekruten (irgendwo unter ihnen steht der Kronn) nicht blamieren, muß der Ablauf sitzen. Obwohl es keiner glauben will, wir haben es geschafft. Der Tag begann recht ruhig, wie immer um 5.45 Uhr. Danach wurde man in die Kirche gescheucht, diejenigen die nicht wollten, mußten Vorbereitungen für Gäste treffen, also Stühle aufstellen usw. Der Gottesdienst war für mich die bessere Alternative, also ging ich da mit. Dort hat uns dann ein Militärpfarrer seine Sicht des Verhältnisses Kirche - Armee dargelegt. Danach (ging es natürlich zuerst zurück zur Kaserne) durften bzw. mußten wir unseren Angehörigen die Stube, Spinde, Waffen und sonstigen Kleinigkeiten unseres Soldatenlebens zeigen. Nun folgte der Höhepunkt unserer Anstrengung: die eigentliche Vereidigung (okay, für mich, einen Wehrpflichtigen heißt das feierliches Gelöbnis, ist aber das selbe in oliv) in der Mehrzweckhalle der Kaserne. Wir marschieren also da rein, ordentlich, versteht sich, und stellen uns auf, auch ordentlich, schließlich sind wir keine Zivilisten, die auf die Bahn warten. Danach kam noch der Ehrenzug mit Fahne und Gewehren und zu guter letzt das Heeresmusikkorps. Danach wechseln sich Reden und Musikeinlagen ab, bevor das eigentliche Gelöbnis beginnt. So, jetzt kommt es: Fahne nach vorn, Abordnung der Rekruten an die Fahne, Spruch aufsagen (die Zeitsoldaten nehmen dabei die Hand hoch) und wieder zurück. Wen es interessiert: Ich, als Wehrpflichtiger hatte folgenden Spruch:

Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

Wem danach war, der konnte seinen Aberglauben 'raushängen lassen und "So wahr mir Gott helfe." hintendran setzen. Danach wurde noch mal die Nationalhymne zum besten gegeben (das Heeresmusikkorps war spitze!) bevor die Einzugszeremonie noch mal rückwärts vorgeführt wurde. Dienstschluß! Dienstschluß? Ach ja, war ja eigentlich ein ganz normaler Tag. Hurra! Eigentlich war jetzt Mittagessen an der Reihe, aber ohne ein Gruppenfoto mit den Leidensgenossen, ich meine Leidenskameraden, geht es natürlich nicht. Jetzt endlich was zwischen die Zähne! Der Tag endete für mich, wie die meisten Freitage: Sachen in den Seesack und weg! Einziger Unterschied: Diesmal bin ich im Dienstanzug nach Hause gefahren. Der Dienstanzug ist so eine Art Ausgehuniform. Damit ist man der Blickfang schlechthin, vor allem in Berlin.


An dieser Stelle meldete sich ein Zuhörer an den Kronn. Aber was wollte er von jenem, der die Grundausbildung erduldete?

So, das müßte es ja wohl gewesen sein, oder? Aber was ist mit dem Rest der Zeit? Immerhin geht die Grundausbildung ja dank Weihnachten 7 1/2 Wochen. Und was mache ich mit den restlichen Keksen? Ach komm schon, Kronn erzähl uns noch was! Es ist gerade so schön.

Und weil der Zuhörer recht hatte und es noch mehr zu erzählen gab, legte der Kronn noch einen 'drauf. Also, bleibt sitzen, teilt euch die restlichen Kekse ein, es geht ohne Pause weiter...


7. Woche

So, in der nächsten, der mittlerweile siebenten Woche meiner Wehrpflicht kommt die Rekrutenbesichtigung dran. Doch leider, am Sonntag hatte ich tierische Bauchschmerzen. Das hält kein Soldat aus, auauauauauauauau! Nach 6 Stunden Schmerzen habe ich mich auf den Weg ins Berliner Bundeswehr- Krankenhaus gemacht:

Und, Herr Doktor, was ist es?

Verdacht auf Blinddarmentzündung!

Toll! Und so verbrachte ich die 7. Woche nicht in der Kaserne, sondern in der Obhut des Krankenhauspersonals. Die Woche brachte mir nicht die Rekrutenbesichtigung sondern Tee und Zwieback. Am Ende stellte sich heraus, daß es doch nur ein Magen-Darm-Infekt oder sowas war. Dann am Freitag wurde ich entlassen. Und Leute, ich mußte verhandeln um nicht noch eine Woche zu verpassen. Denn die letzten drei Tagen vor Weihnachten war auch noch Grundausbildung. Okay, nicht wirklich, aber wir mußten uns bereit machen, um rechtzeitig in unsere Stammeinheit versetzt zu werden. Also Sachen abgeben, die wir nicht mitnehmen sollten, den ganzen Rest einpacken (ist echt 'ne Menge, was in den Spind so 'reinpasst) und mindestens 2 hoch 6 Unterschriften holen, daß alles erledigt war. Und dann, am Mittwoch, den 23.12.1998 ging es rüber 'nach Rheine, ca. 70 km weiter von Berlin weg. Jetzt beträgt meine Entfernung nach Hause also schon 450 km. Dort angekommen, waren erstmal wieder Formalitäten an der Reihe. Eine Sache, vielleicht die wichtigste ist folgende Neuheit: Der Dienst sollte viel lockerer werden. Nicht mehr jeden grüßen (schon mit Guten Tag und so, aber der militärische Gruß wird nur noch bei Major aufwärts fällig), keine festen Aufstehzeiten mehr und der Zapfenstreich fällt weg. So, und dann kam die Rückfahrt. Nach Hause, endlich! Über Hannover. Und das heißt bekanntlich über die A2. Und am 23. Dezember... naja, um es kurz zu machen: zwischenzeitlich hat uns das Radio so ganz nebenbei gesagt, daß ca. 20 km Stau waren... Ich hatte allerdings gerade noch Glück, denn der Kamerad, mit dem ich gefahren bin, hat die Autobahn gerade verlassen, da kam die Warnlichtwelle. Wirklich komisch, man selber ist noch in der Abfahrt und neben einem gehen überall gelbe Blinklichter an. Wir haben dann eine lange Strecke auf der B1 und Landstraßen hinter uns gebracht. Auf der Autobahn wären es ca. 110 km gewesen. Auf die Methode haben Magdeburg weiträumig umfahren. Und dann war ich zuhause. Ich sage euch, je länger man im Auto sitzen muß, desto angenehmer sind die eigenen vier Wände.

So, das war meine Grundausbildung... Ach ja, jetzt wollt Ihr ein Fazit haben, oder? Ich habe es geahnt. Also... Naja, ich lebe noch und obwohl es am Anfang echt hart war, irgendwie hat es Spaß gemacht. Mal sehen, was die Zukunft bringt, den ich habe ja noch 10 Monaten vor mir. Als nächstes steht eine Sicherungs- und Wachausbildung auf dem Plan. Und dann muß ich auch noch die Rekrutenbesichtigung nachholen und den sportlichen Test auch.


Und das war die Geschichte der Grundausbildung des Kronn, des ChatNoir-Users. Bewegt von den Erinnerungen an die Zeit erhebt er sich von seinem Stuhl, verläßt die Runde wortlos. Seine Geschichte ist beendet, vorerst wenigstens. Aber wer weiß? Vielleicht ruft er euch in Zukunft wieder zusammen, um erneut seine Erlebnisse zu erzählen, wer weiß....


SWA - Die Sicherungs- und Wachausbildung

Und es begab sich, da der Kronn bei der BW war, daß er auch eine SWA absolvieren mußte. Natürlich berichtet er hier davon. Wo auch sonst?

Also, alles begann, wo es eigentlich aufhören sollte: in Bückeburg! Von dort wurden wir ausgesandt, nach Rheine, in unsere Stammeinheit. Doch zu früh gefreut... Nichts mit Ausbildungsende, nein, es geht weiter. Naja, sonst wäre es ja auch irgendwie langweilig ;)

Am Montag, 4.1.1999, begann der Tag um sieben Uhr. Okay, eigentlich noch ein bißchen früher, aber wir werden nicht mehr zu festen Zeiten geweckt und der Zapfenstreich entfällt auch. Super! endlich ein paar Freiheiten mehr... Also, um sieben Uhr morgens, leichter Nieselregen bestimmte die nächtliche Szene, standen viele Kameraden in Reih' und Glied. Irgendwo unter Ihnen der Kronn (hatten wir die Formulierung nicht irgendwo schon mal?). Und dann: Vorne stand irgendein Dienstgrad. Von der Seite, aus dem Dunkel der Häuserschatten, tritt eine Person in die Szene. Er ist Oberstabsfeldwebel, wie sich bald herausstellt. Dann kommt der erste Beweis für die lockere Seite der neuen Einheit die Meldung:

Herr Oberstabsfeldwebel, ..., ich melde, die Stabsversorgungsstaffel der Heeresflieger, Regiment 15, steht wie befohlen im Regen.

Leichtes bis unkontrollierbares Schmunzeln zeichnet sich auf den Gesichtern der Anwesenden ab. Danach folgten ein paar Worte des OStFw an die Anwesenden, vorwiegend zum neuen Jahr und einige Tagesordnungspunkte der kommenden Woche. Danach wurden die frisch eingetroffenen Rekruten (Flieger!) zusammen in die SWA eingeteilt. Kurze Bestandsaufnahme (anwesend/vermißt) und weiter gehts Programm.

Der erste Tag beinhaltete nur Theorie zum Thema Wache und Streife. Am nächsten Tag kam dann in mehreren Stationen die praktische Vertiefung der Theorie dran.

Das waren dann solche Sachen wie Streife laufen und man bemerkt eine Person an den Munitionsbunkern. So, was tun? Ganz klar: Erst "Halt, stehenbleiben" rufen, nach Ausweis fragen usw. Kann der Verdächtige sich nicht ausweisen, ist die ganze Sache über Funk an die Vorgesetzten weiterzugeben. Spannend wird die Sache erst, wenn die Unhold ein Waffe hat, dann liegt es im Ermessen des Soldaten, was zu tun ist. Ziel ist nur, den Typen zu entwaffnen bzw. an seinem Vorhaben zu hindern, wichtig ist nur, daß die eingesetzten Mitteln vorher angekündigt werden (damit der Angesprochene auch weiß, woran er ist) und verhältnismäßig sind (nicht gleich Schießen, weil der Angesprochene nicht reagiert).

Am Mittwoch wurde über das Thema ein Test geschrieben und von allen (ausnahmslos!) bestanden. Auch bestanden haben wir einen 30-Minuten-Lauf am Vorabend. Damit waren wir eine echte Ausnahmegruppe. Der Mittwoch ging dann weiter mit einer Einleitung zu verschiedenen Waffen, schließlich ist es nicht nur eine Wach- sondern auch eine Schießausbildung. Es handelte sich um folgende Waffen:

Hat eigentlich Spaß gemacht, außer am MG, denn das ist 11,5 kg schwer und außerdem noch wahnsinnig kompliziert. Man zielt z.B. noch mit Kimme und Korn. Wann kommt endlich das MG36? Gibt es sowas überhaupt? Also, das MG gehört nicht in die Auswahl meiner Lieblingswaffen. Das sind nämlich das G36 und die P8 als 'Nahkampfwaffe'.

Am Donnerstag bekamen wir zum einen Formaldienst (siehe dazu in den Berichten der Grundausbildung) und zum anderen eine theoretische Einweisung in Panzerabwehr und der Panzerfaust PzFst3. Achtung: Das Ding durchschlägt satte 700 mm oder 70 cm Stahl!

Die erste Woche endete mit einer weiteren MG-Ausbildung und dem üblichen Waffenreinigen. Außerdem bekamen wir noch die Grundlagen im Umgang mit der Panzerfaust beigebracht (Anschlagsarten, Ladetätigkeiten usw.)

Um 16:47 Uhr war ich Zoo, hab dann Friedrichstraße einen Klassenkameraden getroffen, den ich jahrelang nicht gesehen habe und der auch beim Bund ist, danach bin ich ab nach Hause. Ein Blick auf die Uhr: Scheiße, keine Zeit mehr, schnell zum UT. Wer da war, hatte die einmalige Möglichkeit, mich in Uniform (oliv) zu sehen.

Montag, Anfang der zweiten Woche. Antreten ist mittlerweile vor einem anderen Block, nur für die SWA. Man hat sich an die Scherze gewöhnt und weiß schon ein bißchen über den Ablauf in der neuen Kaserne. Heute war die praktische Seite der Panzerfaustausbildung dran. Also ab zur Schießbahn und einmal am Tag und einmal in der Nacht mit der Panzerfaust schießen. Ist eine tolle Waffe, besonders, da sie keinen Rückstoß hat, sondern nur eine, zwar recht große, Rückstrahlzone, die man vorher nur kurz per Schulterblick überprüft. Ach ja, ich habe natürlich die aufgestellte Panzersilhouette getroffen und hatte damit auch diesen Teil der SWA absolviert.

Dienstag hatten wir noch einige theoretische Ausbildungen an der P8 und (würg) dem MG3. Wie gesagt, eine ungeheuer schwere Waffe mit mindestens 2 hoch 6 Dingen, die zu beachten bzw. in der genau richtigen Reihenfolge zu tun sind. Parallel dazu bekamen wir noch einige Hinweise zur Abwehr von fliegenden Feinden (Fliegerabwehr genannt).

Der Mittwoch brachte uns wieder mal die Schießbahn ein. Auf dem Dienstplan stand MG-Schießen. Also, ich habe geschossen und werde meine Meinung über das MG nicht ändern. Hab' nämlich nur die erste Übung bestanden, die anderen beiden beinhalteten Feuerstöße mit dem MG. Verreißen der Waffe garantiert. Einfach aufgrund des Rückstoßes. Und dann soll man mit Kimme und Korn treffen. Vielleicht nicht schwer, aber ich habe das erste mal über diese 'Zieleinrichtung' geschossen. Nebenbei liefen natürlich auch andere Ausbildungen, nämlich Umgang mit dem Doppelfernrohr (Zivilisten sagen Feldstecher), Anwendung der Fliegerabwehr, weitergehende Handhabung des MG3. (Nur zersägen und zusammenfegen... ähh... zerlegen und zusammensetzen :)

Am Donnerstag war wieder mal Formaldienst und Waffenreinigen an der Reihe und der Freitag war mit der sogenannten "Ausschleusung" belegt. Naja, fast jedenfalls, denn was passiert an einem Freitag, an dem ich früh gehen könnte? Richtig, es kommt etwas dazwischen. Diesmal war es die Neujahrsansprache des Kommandeurs. Ungeheuer langweilig und der endgültige Beweis dafür, daß jeder Mensch ab einer bestimmten Position zum Politiker wird.

Mit dieser Ansprache war meine SWA aber auch schon vorbei. Macht nichts, die nächsten Wochen werden von der HBA, der Heeresfliegerblockausbildung, ausgefüllt.


HBA - Die Heeresfliegerblockausbildung

Ja, die Ausbildung des Kronn scheint kein Ende zu nehmen. Fast mehr als drei Monate bekommt er nun schon militärisches Wissen und Fertigkeiten eingetrichtert. Trotzdem, oder gerade deswegen, folgt hier ein weiterer Bericht von den Machenschaften des Kronn. Viel Spaß beim Lesen!

Die HBA begann nicht gerade ruhig. Am Montag, den 18. Januar 1999 war wieder einmal Krieg befohlen! Die Lage diesmal:

Feindliche Fallschirmjäger wurden im Norden gesichtet. Die HBA verlegt (mal wieder) wo anders hin und soll (mal wieder) einen Schwarmliegeplatz sichern. Es ist mit feindlicher Spionage und Sabotage zu rechnen.

Soweit die Lage. Der Ablauf war allerdings ähnlich dem des letzten Biwak. Zum Biwakplatz sind wir hingelaufen (ca. 12 km mit 25 kg Marschgepäck), dort haben wir unsere Zelte aufgebaut, Holz für ein Feuer gesammelt und den Platz der Gruppe getarnt. Am nächsten Tag wurde dann der Alarmposten und die Stellungen ausgebaut. In der Nacht von Montag auf Dienstag war dann auch ein paar mal Alarm. Und der Angriff der feindlichen Truppen war wesentlich aufwendiger gestaltet als in Bückeburg. Da explodierte erst ein Leuchtkörper, Schüsse fielen von beiden Seiten, Stimmen schrien irgend etwas, Nebelkörper wurden gezündet und Mündungsfeuer erleuchtete die Nacht. Und ich saß fernab vom Geschehen im Alarmposten und konnte nur zusehen (Gr@mb?lf!x). Am nächsten Tag kam dann ein etwas spannenderer Teil des Biwak. Da wir in mehrere Gruppen aufgeteilt wurden, sollte nun die eine Hälfte der Gruppen die andere angreifen und umgekehrt. Wir sind also in niedrigster 'Gangart' auf den 'Gegner' zu. Ab und zu sind wir dann kurz 'aufgetaucht', haben einen Schuß abgegeben und sind wieder runter. Zur Beruhigung: wir haben nur mit Platzpatronen rumgeballert. Das ganze Spiel haben die anderen dann auch mit uns abgezogen. War aber auf jeden Fall lustig, auch einmal die angreifende Position kennenzulernen.

Am Donnerstag waren wir wieder in der Kaserne. Und was am besten war... wir sind zurück mit der CH-53 geflogen, das ist der 35 Mann-Transport-Hubschrauber. Vor allem das Einsteigen war witzig: alle in einer Reihe, um nicht in die Rotorblätter zu kommen, und immer leicht geduckt. Hab' mich gefühlt wie in einem US-Kriegsfilm (nur in dem Wissen, daß ich nicht nach Vietnam müsse :) Leider endete der Tag mit befohlenem Schlaf, d.h. nicht mehr in die Stadt und amüsieren...


Erinnerungen an eine fast vergessene Zeit...

Schreckliches ist dem Kronn widerfahren. Lange Zeit sah er sich nicht im Stande, eine Verbindung zur CN aufzubauen und seine Erlebnisse zu schildern. Deswegen jetzt hier nur eine kurze Zusammenfassung der letzten Tage und Wochen.

  1. Der Kronn wurde befördert. Jetzt ist der Flieger Kronn der Gefreiter Kronn. Leider nur, weil ich drei Monate beim Bund bin. Und auch irgendwie schade, denn Flieger hat sich besser angehört. Also ich nenne mich jetzt einfach "Oberflieger". Ja! Das hört sich nach mehr an :)
  2. Die Heeresfliegerblockausbildung brachte wenig neues. Die bleibenden Eindrücke werden Waffenreinigen und das zweite Biwak sein. Das war nämlich ein Schießbiwak. D.h. wir haben in Zelten geschlafen und sind Schießen gegangen. Mehr nicht. Okay, ich gebs zu: Gegessen haben wir auch.
  3. Das Schießen war das highlight der bisherigen Bund-Zeit. Diesmal war nämlich auch Häuserkampf dabei. Also aus Häusern auf Klappfallscheiben schießen.

Soweit meine letzte Zeit. War nicht gerade toll. Aber die Bundeswehr ist ja auch nicht dafür da, alles schön zu finden, oder?


Aus der © ChatNoir Mailbox: www.chatnoir.de und online unter diesen Rufnummern
Erste Veröffentlichung: 11/1998 - 2/1999 von Kronn
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