Die bewegten Bilder auf ihrem Weg durch die letzten 100 Jahre

Das Kino ist 100 Jahre alt, wußtet ihr das?

In dieser Zeit hat sich nicht viel geändert, an der Technik der bewegten Bilder, es sieht nur so aus für uns. Vom ersten Bild, das sich im Kreis in einer Trommel bewegte und das man nur durch ein kleines Loch in dieser Trommel betrachten konnte, bis zur Entwicklung hochmoderner Projektoren für die nur noch ein paar Programmierer gebraucht werden, hat sich die Technik der Sinnestäuschung nicht verändert.

Das Bildband wird 24 mal pro Sekunde vor ein kleines Bildfenster gezogen, hier steht es eine Winzigkeit still, dann kommt das nächste Bild. Unser Auge ist so träge, das es die Bilder nicht als Einzelbilder wahrnimmt, sondern als fließende Bewegung und weil wir glauben was wir sehen, ist das Kino für uns so eindrucksvoll. Vielleicht kennt jemand von Euch diesen Film in dem gezeigt wird, wie Menschen das erste Mal einen Film sahen, in dem ihnen eine Lokomotive entgegenrast, schwarz-weiß und ohne Ton, auf den Boden haben sie sich geworfen oder versucht schreiend diesen Ort des Grauens zu verlassen.

Auch wir gehen heute noch genau deswegen ins Kino, wir wollen etwas sehen und erleben, das wir noch nicht erlebt haben, Kenner nennen das Spezialeffekte. Wir im Jetzt lieben Filme, die die Spezialeffekte auf ein höheres Nivau bringen, diese Filme sind Welterfolge, die die Kassen der Produzenten mit unvorstellbaren Summen füllen. Allerdings sind sie auch schneller völlig uninteressant, darum ist es besonders wichtig für die Produzenten in kurzer Zeit dem maximalen Gewinn zu erzielen.

Schon lange wird mit einer Satellitentechnik experimentiert, die Übertragung auf Großleinwände möglich macht, aber das Bild sah bisher schlichtweg Scheiße aus, weil die Übertragung in hoher Auflösung nicht möglich war. Was nutzen nun die besten Spezialeffekte aller Zeiten, wenn man sie nicht richtig sehen kann? Seit ein paar Wochen steht nun ein Projektor mit Chip im Sonygebäude am Potsdamer Platz, der das Problem mit der schlechten Auflösung nicht mehr hat. Es wird mit solchen Geräten nicht nur möglich sein Übertragungen zeitgleich an vielen Orten zu starten, sondern auch für eine gleichbleibende Ton- und Bildqualität zu sorgen. Die Vervielfältigung von Konserven für den Endverbraucher ist kostengünstiger möglich und und und... Ein nicht zu überblickernder Strom von Filmen mit irren Spezialeffekten wird dafür sorgen, dass die Massen nur so strömen, um die wahnsinnigen Kosten für diese Technik wieder einzuspielen. Ihr seht wo das hinführt?

Klar seht ihr das. Während diese Entwicklung stattfindet, nämlich jetzt, wird das Kino an der Ecke wieder einmal sterben. Genau wie damals, bei der Verbreitung einer Technik, die man heiß diskutierte und die man Television nannte. Und es wird wie immer sein, der Mensch nämlich, sehnt sich nach den alten Zeiten zurück. Immer wenn etwas zu abstrakt wird, dann sehnt er sich am meisten. Schon jetzt, da die Entwicklung noch nicht ganz vollzogen ist, entwickelt sich die Gegenbewegung. Sie ist noch klein und ich persönlich kann sie im Moment nicht ausstehen, weil sie mir im Alltag ständig Ärger macht. Filme, die mit dem Prädikat "Dogma" ausgezeichnet sind...vielleicht ein paar Stichworte dazu...Handkamera, Belichtung wie alte überblitze Fotos, Ton - ok - man kann es Stellenweise als Ton bezeichnen und Bildformate für die ich teilweise überhaupt keine Objektive mehr habe, weil es diese nicht mehr gibt...und immer gibts Beschwerden vom Publikum.

Und diese Filme haben es in sich, direkter emotionaler Kontakt zu dem was man sieht wird hergestellt, das Erlebnis ist so eindrucksvoll emotional; erinnert ihr Euch noch an die Lokomotive weiter oben im Text, vielleicht nicht ganz so, aber so ähnlich... Genau dieses Erlebnis ist es, das dazu führen wird, dass immer wieder Filmbänder durch Projektoren laufen werden, mit 24 Bildern pro Sekunde. Ok, es dauert vielleicht noch ein Weilchen, ein paar Kinos werden schließen, das Filmmaterial - es gibt schon lange kein Zelluloid mehr - wird sich nochmal ändern, die Leuchtmittel werden effektiver und kostengünstiger und dies und das, aber das gute alte Malteserkreuz wird weiterhin 24 Bilder pro Sekunde durch Projektoren ziehen und das wird gut so sein.


Aus der © CHAT NOIR Mailbox: www.chatnoir.de und online unter diesen Rufnummern
Erste Veröffentlichung: 18.6.1999 von Perle
[Kommentar zu diesem Text in Forum "Kino" schreiben]
[Forum "Kino" lesen]
 
[Forum junger Autoren] [Home]