Die KreuzbergerIn

Die KeuzbergerInnen zweifeln an Allem, am meisten an sich selber. Mit Verzeiflung betrachten sie ihr Lebenswerk - ein unsortierter Haufen, der zum Recyclen erstmal sortiert werden muß.

Voller Selbstzweifel gründen die KreuzbergerInnen Selbsthilfegruppen, denn nur in der Gruppe vermögen sie ihre Selbstzweifel zu überwinden. In Gruppen gehen sie auch gegen unsoziales Verhalten vor, das praktisch jeder an den Tag legt, der nicht zur Gruppe gehört. Das es ein Leben ohne Gruppe geben könne darauf kommen sie nicht. Die KreuzbergerInnen diskutieren sehr gerne, besonders über Beziehungsprobleme und pädagogische Ansätze. Die KreuzbergerInnen halten sich besonders gern in Frauengruppen auf. Frau trifft sie auch gelegentlich auf Spielplätzen an, denn dort überwachen sie das Verhalten ihrer Kinder zur sozialen Bezugsgruppe.

Daß jemand mit einem Auto Vorfahrt haben könnte, wenn sie mit ihrem Fahrrad mit den Kindersitzen daherkommt, hat sie nicht verstanden, bzw. zweifelt sie grundsätzlich an. Es geht doch um ihre Kids!

Die KreuzbergerInnen kennt nur zwei Gemütszustände: Kritik und Selbstkritik

Jahrzentelanges diskutieren macht die KreuzbergerInnen müde, darum fahren sie einmal im Jahr in die Toskana um sich bei einem Kurs namens "Töpfern und Schweigen" wieder in Form zu bringen für die nächste Diskussion mit einem von diesen ganz unmöglichen Tegelern oder Spandauern.

Grüße aus Kreuzberg, Perle


Aus der © CHAT NOIR Mailbox: www.chatnoir.de und online unter diesen Rufnummern
Erste Veröffentlichung: 31.5.1999 von Perle
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