Sehr geehrer Kollege,
ich sende Ihnen hiermit die ersten Teile meines Beitrags zu der von Ihnen geplanten Athologie und hoffe, den Anforderungen Ihres Projektes damit zu genügen.
Mit kollegialem Gruß
Jochen Jagus, Privatanthropologisches Institut für Arterfassung, Berlin-Mariendorf
Vorwort
Ich möchte dem Stiftungsrat der CN-University danken, daß an mich die Aufforderung erging, in solch erlesener Gemeinschaft einen Beitrag zu der Anthologie über die Forschungslage zu den Berliner Gattungen des Homo sapiens beizutragen. Es ist mir eine besondere Ehre neben solchen geachteten Persönlichkeiten des wissenschaftlichen Lebens wie Prof. P. Erle und Herrn Dr. CN Holger einen Beitrag leisten zu können, insbesondere, weil [...]
Homo Sapiens Marienensis
Die Forschungslage zum Mariendorfer, wie ich den Gegenstand meiner Ausführungen vorerst nennen will, ehe eine genauere Benennung mit dem Fortschreiten der Erläuterungen sinnvoll wird, ist durchaus von neuen Entdeckungen und gerade in neuester Zeit bahnbrechenden Entwicklungen geprägt, wiewohl ich meines Wissens hiermit die Ehre habe den ersten monographischen Beitrag zu diesem Gegenstand zu liefern, der bisher in einer Anthologie veröffentlicht wurde.
Ein bedeutender Fortschritt in der Einordnung des Mariendorfers geht von Dr. CN Holgers Forschung zum gemeinen Tegeler, dem Homo sapiens tegelensis aus. Bis zu der Veröffentlichung von Dr. Holgers bahnbrechendem Werk stagnierte die Erforschung des Mariendorfers, und es herrschte weitgehende Unklarheit über seine Klassifizierung. Ausgehend von Dr. Holgers Werk jedoch widmete sich der Ethnologe P.H. Krots vergleichenden Forschungen und kam zu frappierenden Ergebnissen, die in seine Migrationsthese mündeten, wonach der Mariendorfer eine Schwesterpopulation des Homo sapiens tegelensis ist. Krots folgert dies aus einigen auffälligen Übereinstimmungen im Verhalten des Mariendorfers und des Homo sapiens tegelensis.
Schon äußerlich ist der Mariendorfer nur mit einiger Schulung vom Homo sapiens tegelensis zu unterscheiden und oft nicht einmal dann. Das Verhalten des Mariendorfers wirkt oft stiller und unauffälliger als das des Tegelensis, H.P. Krots erklärt dies durch eine erlernte Anpassung an den Mariendorfer Biotop. In wesentlichen und auffälligen Merkmalen jedoch zeigen Mariendorfer und Tegelensis erhebliche Parallelen. Insbesondere das Kampf- und Imponiergehabe an den Futterstellen, also beispielsweise vor Reicheltkassen oder an Dönerständen sind nahezu identisch, der Mariendorfer ist still oder pöbelt. Ganz ähnlich wie der Tegelensis dessen charakteristisches Pöbelverhalten durch Dr. Holger so treffend geschildert wurde. Wäre dies die einzige Parallele stünde die Krots'sche Migrationsthese auf reichlich wackligen empirischen Füßen. Die eigentlich Sensation von Krots vergleichender Ethnographie zum Mariendorfer und dem Tegelensis ist jedoch seine Entdeckung der Großnester. Wie bei allen genialen Entdeckungen werden viele nachfolgende Forscher sich staunend fragen, warum die geniale Entdeckung nicht schon viel früher erfolgte, so auffällig und sinnvoll erscheint die Neuerung, im nachhinen.
Die Krots'schen Grossnester
Beide Populationen sowohl der Homo sapiens tegelensis als auch der Mariendorfer zeigen ein einzigartiges soziales Nestbauverhalten, so unterhält die gesamte Popupation des Homo sapiens tegelensis in ihrem Populationsgebiet kollektiv ein Großnest, das anscheinend Ausgangsort für die Ausbreitung des Tegelensis ist. Genau solch ein Großnest hat H.P. Krots am Rande des Mariendorfer Populationsgebietes entdeckt und beobachtet. Eine Beobachtung die Krots These stützt, es handle sich bei Mariendorfer und Tegelensis um eine und dieselbe Art, nennt er den selbstschützenden Zielausschluß. Demnach konnte Krots durch Sender belegen, daß der Tegelensis von seinem Großnest in alle möglichen Gegenden aufbricht, aber so gut wie nie das Großnest in Mariendorf oder Mariendorf überhaupt anfliegt. Genau das Gleiche gilt umgekehrt für die Ausbreitungsflüge vom Mariendorfer Großnest, sie richten sich signifikant selten an Tegel. Krots schließt daraus, daß der Homo sapiens tegelensis, sowohl in Tegel als auch in Mariendorf ansässig ist und sich selber keine Konkurrenz machen will. Es besteht kein Zweifel, daß ein solcher selbstschützende Zielausschluß, wie ihn Krots beschreibt, die Verbreitung der Gene eine und derselben Art förderlich wäre, weshalb man annhemen kann, solch ein Verhalten bildete sich evolutionär beim Tegelensis aus.
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